Geschichte

Wussten Sie, dass die ersten Funde 25.000 Jahre alt sind?

Uralte Heimat im Strom der Zeit - Ur- und Frühgeschichte

Wenn wir uns auf die Suche nach jenen Menschen begeben wollen, die zu allererst in unserer engeren Heimat, also im Machland, lebten, so stehen uns für diese Suche keine schriftlichen Quellen zur Verfügung, sondern nur sogenannte Bodenfunde. Diese stellen für etwa 25 000 Jahre die einzige Quelle geschichtlicher Erkenntnis dar und ermöglichen eine Aussage, wo und wie der Mensch in der Urzeit unserer engeren Heimat lebte.

Die Urgeschichtsforschung, auch archäologische Forschung genannt, wird erst seit der ersten Hälfte des 19. Jhdts. intensiv betrieben. Gewaltig sind die Anstrengungen vieler Staaten, um mit komplizierten und kostspieligen wissenschaftlichen Methoden das Dunkel der Urzeit zu erhellen. Dabei kommt es zu einem Wettlauf mit der Zeit und die Archäologen versuchen verzweifelt, der modernen Bautätigkeit und der damit verbundenen Gefährdung der in der Erde ruhenden prähistorischen Hinterlassenschaften zuvorzukommen.

Der österreichische Raum - und innerhalb dieses besonders der Donauraum - war schon in der Urzeit von besonderer Bedeutung. Soweit es Landschaft und Klima zuließen, erfolgte schon sehr früh die zeitweilige Niederlassung bzw. in der Folge die dauernde Besiedelung unseres Lebensraumes. Erst um 1830 wurde die „Zeit ohne schriftliche Quellen“ in Steinzeit, Bronzezeit und Eisenzeit eingeteilt.

Die Steinzeit als älteste urgeschichtliche Epoche wurde bald in Altsteinzeit, Mittelsteinzeit und Jungsteinzeit unterteilt. In der Altsteinzeit1, die in unserem Bereich bis etwa 10000 v. Chr. zu datieren ist, wurde der Donauraum von nomadisierenden Menschen durchstreift, deren Leben von der Jagd und Sammelwirtschaft beherrscht wurde. Indem sie sich dem klimatischen Rhythmus der Natur anpassten, zogen sie durch das Land, ohne einen festen Wohnsitz zu haben. Paläolithische Funde wurden zwar bislang im Bereich der Marktgemeinde Naarn i.M. nicht gemacht, doch sehr wohl in Mauthausen (z. B. Werkzeuge aus Feuerstein, Reste des Mammuts als dem begehrten Jagdtier dieser Zeit) und in Kriechbaum (Gemeinde Allerheiligen), wo man in den Jahren 1924 bis 1930 bei der Kaolingewinnung Fossilien der Fauna und Flora aus der letzten Zwischeneiszeit, Knochen von verschiedenen Tieren, etc. fand.

Auch der Mittelsteinzeit2, der Zeit von 10000 bis 4 500 v. Chr., sind bisher keine Naarner Funde zuzuordnen. In dieser Epoche bedingte die Klimaveränderung, dass der Mensch zunehmend sesshafter wurde und mit der Vorratswirtschaft begann. Werkzeuge und Waffen wurden verbessert und die ersten primitiven Gefäße aus Ton wurden erzeugt.

In der Jungsteinzeit3, von ca. 4 500 bis 1800 v. Chr., wurde im donauländischen Bereich bei andauernd günstigem Klima die Grundlage einer bäuerlichen Kultur geschaffen. Neben dem aufgrund guten Bodens möglichen Ackerbau setzte besonders im südlichen Teil des Unteren Mühlviertels eine rege Siedlungstätigkeit ein. Mit dem Ackerbau breitete sich auch die Viehzucht immer mehr aus.

Dorfähnliche Ansiedlungen entstanden, das rechteckige Langhaus wurde weitgehend als Wohnhaus einer Sippe bevorzugt. Die Größe solcher Langhäuser war beachtlich. Sie hatten eine Breite von 5,0 bis 7,5 m und eine Länge von 20 bis 35 m. Rutengeflochtene, mit Lehm verschmierte Wände schützten vor schlechtem Wetter, Seiten- und Firstpfosten trugen ein Stroh-, Schilf- oder Rindendach.

Diese Kultur war von einer gewaltigen Expansionskraft erfüllt, immer mehr waldfreie Flächen wurden für den Ackerbau genutzt, neue Siedlungen entstanden. Die Bearbeitung von Steinen als Werkzeuge und Waffen wurde ständig verbessert. Schöne, glatt polierte Flach- und Lochbeile zeugen von dieser Zeit. Zahlreich sind die Funde aus der Jungsteinzeit im gesamten südlichen Unteren Mühlviertel, hinunter bis nach Sarmingstein.

Auch für den Gemeindebereich Naarn i. M. stehen eine ganze Reihe typischer Funde als Zeugen dieser Zeit zur Verfügung. Sie seien im Folgenden näher beschrieben, stehen sie doch ganz am Anfang unserer engsten Heimatgeschichte.

Nach 1945 wurde nahe dem Haus Wimm Nr. 7 (dzt. Besitzerin Maria Hölzl, Hausname „Gstöttner“) im alten Ortsteil „Hainbuchen“ ein Reibstein gefunden, der lt. Befund des Archäologen Manfred PERTLWIESER eindeutig der Jungsteinzeit zuzuordnen ist und damit ein Alter von ca. 6 000 Jahren aufweist.

Es handelt sich dabei um ein landwirtschaftliches Gerät, mit dem auf länglichen Steinplatten das Zerquetschen und Zerreiben des Getreides erfolgt ist. Es ist also gewissermaßen die Primitivform einer Handmühle.

Reibsteine wurden auch an anderen Orten des Machlandes gefunden, mitunter auch zusammen mit Getreidekörnern (Weizen, Roggen). Zuletzt war dieser älteste prähistorische Fund im Bereich der Marktgemeinde Naarn i.M. im Besitz des (1992 verstorbenen) Altbauern Georg Hölzl.

Im April 1950 wurde, nur etwa 100 m vom „Gstöttnerhof“ entfernt, im Hause des Johann Datterl, Wimm Nr. 8, (Hausname „Geistberger“) ein gelochtes Querbeil4 gefunden. Es ist aus dunklem Serpentin, etwa 13 cm lang und 7,5 cm breit. Vielleicht diente es einmal einer Bäuerin für Arbeiten in ihrem zum Haus gehörenden „Gartl“. - Da es sich bei Serpentin um eine Gesteinsart handelt, die in unserer Gegend nicht vorkommt, wurde die Steinhaue wohl im Tauschhandel erworben. Über weitere Serpentinfunde wird später berichtet (Ruprechtshofen!).

Ende der 70er-Jahre wurde, ebenfalls beim „Geistberger“ in Wimm Nr. 8, das nachfolgend abgebildete Serpentingeschiebe- Bruchstück gefunden, das sich zur Zeit in Verwahrung des Heimathauses Perg befindet. Da in der heutigen Ortschaft Wimm (besonders Weiler „Hainbuchen“!) weitere Funde aus der Jungsteinzeit gemacht wurden, ist die Annahme berechtigt, dass sich hier eine uralte Siedlung befunden hat.

Etwa in der Mitte zwischen der Pfarrkirche Naarn und dem ehemaligen Hartschlößl wurde im Jahre 1922 „auf dem Steirerfeld“ ein Klopfstein aus Strahlsteinschiefer (Länge 15 cm) gefunden. Finder war der damals 16- jährige Student Oswald TAMERL, der sich in diesen Jahren ganz besonders auf der Suche nach Relikten der Naarner Urgeschichte befand und so erfolgreich war, dass auch das Landesmuseum Linz aufmerksam wurde.

Auch die Klopfsteine wurden zum Zerstampfen und Zermahlen der Getreidekörner verwendet (s. Reibstein!). Da sie ausschließlich ein Hausgerät darstellten, bietet ihre Auffindung einen verlässlichen Anhaltspunkt bei der Leststellung einer jungsteinzeitlichen Wohnstätte.

Der Lund wurde 1924 dem OÖ. Landesmuseum übergeben (Inv.Nr. A 78). Unweit des „Kniebauernhauses“, also ebenfalls nördlich des Ortes Naarn, wurde 1922 das Fragment eines Steinbeiles aus dunkelgrünem Serpentin gefunden. Auch im Norden Naarns dürfte ein neolithisches Siedlungsgebiet bestanden haben.

Jüngster Hinweis ist der Lund vom Mai 1996, erstmals im Ortsgebiet Laab. Beim „Hans’n in der Au“ (Laab Nr. 14, Strasser), wurde ein sehr gut erhaltenes Schiefer-Lochbeil gefunden.

Bedeutend und zahlreich sind die Funde im Bereich der KG Ruprechtshofen: Um 1918 in Staffling ein Lochbeil, 1921/22 ein Setzkeil aus dunklem Kieselschiefer (Fund aus dem Donauschotter), vor 1926 ein weiteres Lochbeil aus Serpentin (Llussfund), dann vor 1968 ein Steilbeil (im heute abgetragenen Ausnehmerhäusl Staffling/Tabor Nr. 18), schon 1950 ein weiteres Serpentin-Llachbeil (Leidweg nahe Ruprechtshofen) und schließlich das in den 60er-Jahren gefundene Lochbeil aus dunkelgrünem Serpentin (Länge 12,5 cm), das ich im Heimathaus Perg vorfand.

Ergiebige Lunde wurden schließlich in der KG Au gemacht - so etwa ein stark abgerollter Knaufhammer, der 1921 auf einer Donausandbank zwischen Strom-km 173 und 174 gefunden wurde und dzt. im OÖ. Landesmuseum Linz (Inv.Nr. A 3651) ausgestellt ist, des Weiteren ein kleines Flachbeil aus dunkelgrünem Serpentin (Oberwagramerfeld, gefunden im Herbst 1923), dann zwei Lochbeile aus grauschwarzem Kieselschiefer (dzt. im Museum Freistadt, gefunden vor 1930) usw.

Zusammenfassend ist zu bemerken, dass es sich bei den Funden aus der Jungsteinzeit zwar um so genannte Streufunde handelt, d.s. solche, die nicht bei einer systematischen Grabung zutage kamen, dass diese jedoch Beweise genug dafür sind, dass zu dieser Zeit im heutigen Gemeindegebiet bäuerliche Siedlungen bestanden. Eine Frage können die Funde freilich nicht beantworten - nämlich jene, welchem Volk oder Volksstamm die Bewohner dieser Siedlungen angehört haben.

Eine neue Epoche der Menschheitsgeschichte entwickelte sich, als die in Frieden lebenden Bauern der Jungsteinzeit allmählich das Metall kennen lernten und verwendeten. Zunächst brauchten sie es zur Absicherung des eigenen Siedlungsraumes, dann aber auch dazu, um mit (neuen) Waffen aus Metall weiträumige Kriegszüge zu unternehmen und andere Stämme zu unterwerfen.

Bronzezeit wird die Zeit von 1800 v. Chr. bis 800 v. Chr. genannt - nach dem Metall „Bronze“, das aus 90 % Kupfer unter Beimengung von 10 % Zinn gewonnen wurde. Im Bereich der Gemeinde Naarn i.M. fand 1893 ein Knecht beim Ackern auf dem „Leit’nlüßl“ nahe dem Hause „Holzer in Schableck“ (Dirnwagram Nr. 1) ein vollständig erhaltenes, 70 bis 80 cm langes Griffzungenschwert aus der späten Bronzezeit (nach 1250 v. Chr.). Leider wurde der bedeutsame Fund um das Jahr 1910 an einen Antiquitätenhändler um nur vier (!) Kronen verkauft. Seither ist er verschwunden. In einem Museum ist er nicht aufgetaucht - im besten Fall dürfte er sich bei einem privaten Besitzer befinden.

In der eben erwähnten Bronzezeit begannen indogermanische Stämme oder Stammesgruppen zu wandern - so etwa die für die Besiedelung unserer Gegend bedeutsamen Illyrer. Gegen Ende der Bronzezeit setzte auch die Urnenfelderzeit ein. Die Toten wurden verbrannt und die Asche in Tonurnen beigesetzt, die wiederum in Gräberfeldern vergraben wurden. Der älteren Urnenfelderzeit ist einer der bedeutendsten Funde innerhalb des Gemeindegebietes Naarn zuzuordnen: Georg Lehner, Besitzer des Steirergutes Naarn Nr. 13, entdeckte im Oktober 1922 beim Ackern eines Feldes nördlich seines Hofes ein so genanntes Brandgrab.

Die Grabbeigaben: Leichenbrandurne mit einem Durchmesser von 50 cm, Bronzeringe, Bruchstücke eines Bronzedolches, sowie Asche und Knochen, wurden dem OÖ. Landesmuseum übergeben, wobei den Naarner Bürgern BISCHOF (Lehrer), SCHÖNFELLNER (Oberlehrer) und REISNER (Schlossermeister) Dank und Anerkennung des Museums ausgesprochen wurde. Vom Fund berichtete seinerzeit sowohl die Fach- als auch die Tagespresse.

Besonders erwähnt sei schließlich ein wichtiger Fund der 60er-Jahre, den der Bauer Alois Froschauer, Naarn Nr. 37, auf seinem damaligen Grundstück zwischen „Holzer in Schableck“ und der heutigen Stafflinger Straße (derzeitige Eigentümer Josef und Rosa Derntl, Naarn Nr. 41) machte, u.zw. den nach- folgend abgebildeten gerippten Bronze-Armreif, der dem 8./7. Jahrhundert v. Chr., also der Hallstattzeit, zuzuordnen ist. Der schöne Armreif, mit Patina überzogen, befindet sich in Verwahrung bei Frau Froschauer, Linz (Witwe nach Prof. Sepp Froschauer).

So viel über die Funde im Gebiet der Marktgemeinde Naarn i.M., so weit sie der Urgeschichte zuzuordnen sind. Wie bereits ausgeführt, handelt es sich ausschließlich um Streufunde bzw. Zufallsfunde, da systematische Grabungen bislang nicht stattgefunden haben. Solche Grabungen wären aber auf dem „Steirerfeld“, in „Hainbuchen“ oder auf der Fläche zwischen „Holzer in Schableck“ und Stafflingerstraße mit einiger Wahrscheinlichkeit von Erfolg begleitet. Bezüglich des Marktes Au wären die Donau- und Aistregulierungen zusätzlich zu berücksichtigen.

Von besonderer Bedeutung für das gesamte Machland sind jene Funde, die in der Nachbargemeinde Mitterkirchen (Ortschaft Lehen) gemacht wurden. Ein Bronzehohlring, der 1980 vom Bauern Josef Dierneder gefunden und von Archäologen als ein Relikt aus der Hallstattzeit (750 bis 400 v. Chr.) erkannt wurde, leitete wissenschaftliche Grabungen ein, die von 1981 bis 1990 dauerten und zu sensationellen Ergebnissen führten. Der „Jahrhundertfund“

umfasste ein Gräberfeld mit über 80 Bestattungen, über 900 Gefäßen und zahlreichen anderen Grabbeigaben. Auch Siedlungsreste wurden gefunden. Nach Beendigung der Grabungen wurde mit der Errichtung eines „Hallstatt-Dorfes“ versucht, die Bau- und Arbeitsweise der damaligen Zeit nachzuvollziehen. Es gibt weder Nägel noch Schrauben und sogar die Umzäunung wurde wie zu Urzeiten mit einem Weidengeflecht-Zaun hergestellt.

Besonders beeindruckend ist die originalgetreue Nachbildung eines Grabhügels, der einen Einblick in das Begräbnisritual der damaligen Zeit vermittelt. Im Grabhügel ist auch der „Mitterkirchner Prunkwagen“ dargestellt - ein Zeugnis dafür, dass sich hier ein Fürstengrab der Hallstattzeit befunden hat.

Ihr Chronist hat in den Grabungsjahren 1981 bis 1990 wie viele Naarnerlnnen ebenfalls das Lehener Feld besucht und dabei Amateuraufnahmen gemacht, die von der exakten wissenschaftlichen Arbeit ebenso Zeugnis geben wie von der Freude der Mitterkirchner und dem Interesse der Bevölkerung.

Aus der Hallstattzeit gibt es im Machland noch Bodenfunde in den Gemeinden Luften- berg, St. Georgen/Gusen, Langenstein, Katsdorf, Ried, Mauthausen, Schwertberg, Perg, Baumgartenberg und Arbing. Mit Sicherheit kann gesagt werden, dass der Raum des Machlandes seit der Jungsteinzeit durchgehend bis zur Gegenwart von Menschen besiedelt ist.

Nachzubemerken ist, dass sich in einem der Mitterkirchner Hügelgräber auch ein prachtvolles kerbschnittverziertes Kragenrandgefäß befand, dem ein Alter von 2700 Jahren zugeschrieben wird. Tongefäße wurden übrigens schon bei Funden der Jungsteinzeit festgestellt.

In der Hallstatt-Zeit5 gewann der berittene Krieger immer mehr an Bedeutung. Der Einfluss der vom Osten eindringenden Reitervölker (Kimmerer, Skythen) wurde stärker. Im 7. vorchristlichen Jahrhundert breiteten sich die aus dem alten Gallien kommenden Kelten aus. Über dieses Volk sind wir bereits durch schriftliche Quellen (Livius, später Tacitus und Caesar) unterrichtet. Die keltische Auswanderung aus Gallien (Ostfrankreich) erfolgte vornehmlich wegen Überbevölkerung der alten Heimat.

Durch überlegene Waffentechnik und von großem Expansionsdrang erfüllt, erreichten die Kelten in Europa bald eine gewisse Vormachtstellung. Sie lebten als wohlhabende Bauern und Viehzüchter. In der Landwirtschaft führten sie die eiserne Pflugschar ein, desgleichen die Sense. In der späteren Hallstatt-Zeit breitete sich ihr Einfluss von Spanien bis nach Westungarn aus, wobei sie sich in unserem Gebiet mit bereits ansässigen Illyrern vermischten.

Die Kelten waren kein einheitliches Volk, sie waren vielmehr in hunderte Stämme zergliedert. Sie besaßen kein „Nationalbewußtsein“, sondern fühlten sich nur an ihren Stamm gebunden. Ohne Zweifel war diese Zersplitterung letztendlich, insbesondere im Kampf gegen die Römer, von Nachteil.

Dem Volk der Kelten gehörte auch der Stamm der Bojer an, der ab dem 3. Jhdt. v. Chr. von Böhmen kommend auch im heutigen Mühlviertel siedelte. Der böhmische Raum und das angrenzende Mühlviertel wurden damals „Boiohaemum celtium“ genannt, was so viel wie „Heimat der keltischen Bojer“ heißt. Es ist so gut wie sicher, dass die Bojer bis zur Donau gelangten. Keltischen Ursprungs könnten nach F.X.PRITZ6 die sonderbar lautenden Namen der Mühlviertler Flüsse (Bäche) Mühel (Mühl), Rotel (Rodl), Aist (einst Agast), Naarn, Gusen, Dambinich (nun Dimbach) und Isper sein.

Im 2. Jhdt. v. Chr. schlossen sich die keltischen Stämme des Ostalpenraumes unter der Führung der keltischen Noriker zum „Regnum Noricum“ (Königreich Noricum) zusammen. Es war die erste Staatenbildung auf oberösterreichischem Boden. Durch diplomatisches Geschick vermochten die Noriker-Könige zunächst die Balance zwischen den germanischen Stämmen im Norden und dem immer stärker werdenden römischen Einheitsstaat im Süden zu halten.

Grundlage des Wirtschaftslebens dieser vorrömischen Zeit bildeten nach wie vor Ackerbau und Viehzucht. Das Eisen hatte den Werkstoff Bronze längst verdrängt. Die Erzeugung von Massenwaren in eigenen Werkstätten gestattete einen schwungvollen Handel.

Der Druck aus dem Norden (Germanen) und Süden (Römer) verstärkte sich. Um 60 v. Chr. verdrängte der germanische Stamm der Markomannen die keltisierten Bojer aus Böhmen und dem Mühlviertler Raum. Diese wan- derten in die zum Teil leeren Gebiete Pannoniens. In den folgenden Jahrhunderten ging der Stamm der Bojer in anderen Volksgruppen auf (z.T. in den Dakern, die Südpannonien bewohnten). Die Restgruppen, die im Mühlviertel und Böhmen blieben, vermischten sich mit den Markomannen. Um 15 v. Chr. begannen die Römer mit dem Einmarsch ihrer Truppen in das Königreich Noricum. Ohne wesentlichen Widerstand drangen sie bis zur Donau vor, die erst jetzt zur Grenze wurde.

Dies geschah unter Kaiser AUGUSTUS (27 v. Chr. bis 14 n. Chr.). Unter Kaiser CLAUDIUS (41 bis 54 n. Chr.) wurde Noricum als „Provincia Romana“7 eingerichtet. Noricum reichte im Norden bis an die Donau, im Osten bis an den Wienerwald, im Süden bis zur Save und den Karnischen Alpen und im Westen ungefähr bis an den Inn.

Nördlich der oberösterreichischen Donau - im heutigen Mühlviertel - siedelten neben den schon erwähnten Markomannen die Restgruppen der Kelto-Illyrer. Auch der germanische Stamm der Naristen wohnte hier, hatte aber sein Hauptsiedlungsgebiet östlich von Regensburg (Oberpfalz, entlang der Donau im Raum des Bayerischen Waldes).

Entlang der Donau begannen die Römer bald mit dem Ausbau des „Limes“ (Grenzwalles). Dazu wurden Befestigungen und kleine Feldkastelle errichtet. Der norisch- raetische Limes wurde anfangs von Auxiliar- truppen (Hilfstruppen) abgesichert.

Auf dem Gelände des heutigen Marktes Wallsee wurden bei Grabungsarbeiten die Reste eines Auxiliarkastells (Länge etwa 200 m) gefunden. Das Wallsee-Kastell hatte die Aufgabe, die im Machländer Raum siedelnden Bewohner, die wichtige Straße entlang der Donau sowie die wichtigen Handelswege durch das Mühlviertel zu überwachen.

Der intensive Ausbau des Donau-Limes begann nach den für die Römer verlustreichen Markomannenkriegen (166 bis 180 n. Chr.). In unserer nächsten Umgebung wurde 175 n. Chr. mit dem Bau des großen Militärlagers in Albing (bei St. Pantaleon) begonnen. Auf Befehl Kaiser MARC AURELS (161 bis 180 n. Chr.) wurde die Legio II Italica (aus Oberitalien) dorthin verlegt. Um 190 n. Chr., zehn Jahre nach dem Tod Marc Aurels in Vindobona (Wien), wurde das Lager Albing wegen zu großer Hochwassergefahr aufgelassen und ca. 6 km westlich davon auf der anderen Seite der Ennsmündung als neue Anlage Lauriacum wieder aufgebaut.

Sowohl Albing als auch das Standlager Lauriacum hatten u.a. die Aufgabe, den Aist- und Machlandraum unter Kontrolle zu halten. Der Sicherung der Donaugrenze diente auch ein ca. 15 km breiter Landstreifen auf der linken Donauseite, der von den dort siedelnden Germanen geräumt werden musste. Dieser Streifen galt als Niemandsland und wurde als Pufferzone benützt. Auch römische Wachposten wurden eingerichtet, um auf diese Weise besser vor Überraschungsangriffen geschützt zu sein.

An dieser Stelle ist es angebracht, etwas über die vorrömische und römische Donauschifffahrt zu schreiben: Wahrscheinlich wurde - wie die Seen des Salzkammergutes - in der vorrömischen Zeit auch die Donau mit dem ältesten Wasserfahrzeug, dem Einbaum, befahren. Noch heute wird dieser übrigens von primitiven Volksstämmen auf rasch fließenden Gewässern benützt.

Beweise für eine bis ins Neolithikum reichende Donauschifffahrt liefern die prähistorischen Funde im Strudengau. Zumeist waren es Opfer an eine dort sesshafte Stromgottheit, die mit dem Wunsche nach einer sicheren Durchfahrt oder als Dank für die glücklich überstandene Fahrt gestiftet wurden.

Die Donau diente schon zu dieser Zeit als Verkehrsader. Waren die Funde der Steinzeit relativ selten, wurden sie in der Bronze- und Hallstattzeit überaus zahlreich. Für die Römer war die Donau vor allem eine militärische, aber auch eine Zolllinie. Mit Schiffen erfolgte die Überwachung des Stromes zwischen den Kastellen, daneben dienten hiezu auf dem Lande (Pufferzone!) auch die so genannten „Specula“8 als Kontrolleinrichtungen.

Ihre speziellen Wasserfahrzeuge, die Liburnen, waren für das römische Militär auf der Donau nicht verwendbar, da man mit Rudern größere Schiffe nicht gegen den Strom führen konnte. Die Römer haben vielmehr ihre Schiffe vom Ufer aus gegenwärts gezogen. Dass sie im Bereich der Donauprovinzen heimische, also nichtrömische Schiffe verwendeten, beweisen die Reliefs der Marcussäule in Rom, wo u.a. der Brückenschlag über die Donau (im Jahre 171 n. Chr., nach Beendigung des Markomannenkrieges) in einzelnen Phasen dargestellt ist (Anlegeplatz, Beladen und Entladen der Schiffe, Donauübergang).

Auch einige Münzen zeigen Kaiser Marcus Aurelius beim Überschreiten der Donaubrücke, unter der drei Schiffe zu sehen sind. Schiffe haben die Römer auch für Ziegeltransporte verwendet, die sie von norischen Ziegeleien stromabwärts durchgeführt haben. Besonders, als der Limes ausgebaut werden musste, benötigte die schon erwähnte Legio II Italica Ziegel in großen Mengen.

Von den Nebenflüssen der Donau wurden von den Römern mit Sicherheit die Traun und die Enns befahren. Auf der Enns dürften die Römer das Eisen für ihre „Schildfabrik“ in Lauriacum transportiert haben. Bezüglich der Traun sind wir nur auf Vermutungen angewiesen.

Nachzubemerken ist, dass im Jahre 1953 „zwischen Naarn und Perg“ bei Feldarbeiten eine Münze des Kaisers COMMODUS (177 bis 192 n. Chr.) gefunden wurde - ein Beweis mehr für den Einfluss Roms entlang des linken Donauufers. Trotzdem ist festzuhalten, dass es auf dem linken Donauufer im Gebiet des Machlandes keine eindeutigen Bauwerks- oder Fundspuren gibt, die auf eine auch nur zeitweilige (= vorübergehende) Landnahme durch die Römer hindeuten würden. Die „Annahme“, dass „der Naarner Kirchturm einst ein römischer Wachtturm“ gewesen sei9, ist ebenso historisch unbegründet wie die „Möglichkeit, dass schon zu dieser Zeit10 das Christentum von Lorch aus über die Donau kam.“

Um die Mitte des 4. Jhdts. n. Chr. wurde der Druck der Germanenstämme auf den Donau- Limes und die Provinz Noricum immer stärker. Markomannen, Vandalen und Alanen zerstörten entlang der Donau und südlich davon Orte und Kastelle, darunter auch Lauriacum. Dazu setzte ein wirtschaftlicher Niedergang ein, der ebenso zum Verfall der Römerherrschaft in der Provinz Noricum beitrug. Im Osten tauchte mit den Hunnen ein neuer Feind auf, der an Kampfkraft und Wildheit alle anderen Völker übertraf. 395 n. Chr. drangen sie in den Donauraum ein, 422 n. Chr. verwüsteten sie die römischen Nordprovinzen. Auch das Land nördlich der Donau wurde geplündert.

Nach dem Ende der Hunnenherrschaft (nach 450 n. Chr.) brach unter den germanischen Stämmen wieder der Wandertrieb aus. Im niederösterreichischen Donauraum wurden die Rugier11 sesshaft. Ihr Herrschaftsbereich erstreckte sich bis zur Enns. Auch das südöstliche Mühlviertel gehörte dazu.

In dieser Zeit war der Mönch SEVERIN geistiger und politischer Ratgeber der norischen Provinzialbevölkerung. Über sein Wirken berichtet ausführlich die „Vita Severini“ seines Schülers EUGIPPIUS. Die „Vita“ nennt allerdings nur Stationen am südlichen Donauufer, aber mit keinem Wort irgendeine Gegend oder einen Ort am linken Donauufer, insbesondere im Machlande. Nach 0. Tamerl11 12 lagen diese Orte damals noch im Einflussbereich germanischer Stämme, die noch ihrem Götterglauben verhaftet waren.

Ein Wirken Severins als Prediger schließt O. Tamerl für das Machland aus. Wenige Jahre nach Severins Tod (482 n. Chr.) erfolgte der Abzug der römischen Bevölkerung aus Ufer- Noricum in ihre Heimat Italien (488). Zu Beginn des 6. Jhdts. sollen bereits die ersten Baiovarii vom Westen her die Donau überschritten haben und zwischen 520 und , 550 in den heutigen oö. Raum vorgedrungen sein. Neben den Alemannen, Thüringern, Franken, Sachsen und Burgundern gehörten die Bayern schon damals zu den germanischen Großstämmen. Noch immer war das Land an der Donau zum Teil von der keltisch- illyrischen Restbevölkerung bewohnt.

Gegen Ende des 6. Jhdts. drang das türkische Reitervolk der Awaren nach Westen. Sie unterwarfen vor allem slawische Völker und machten diese tributpflichtig. Auch in den nördlichen Donauraum des Unteren Mühlviertels wanderten slawische Gruppen ein. Die Gräberfelder bei Steyregg, Gusen und Perg/Auhof zeugen davon. Auch uns vertraute Namen von Bächen, Häusern und Orten des Unteren Mühlviertels gehen auf die Slawen zurück, z.B. die Aist-Nebenflüsse Feistritz, Flanitz, Jaunitz, oder die Ortschaftsnamen Tobra, Lungitz, Lina13, Poneggen14 und Hausnamen. Eigennamen slawischer Herkunft trifft man im Mühlviertel viele an, jedoch lässt sich hier schwer feststellen, ob sie aus der Zeit der slawischen Urbesiedlung stammen oder von später Zugewanderten (Familiennamen auf -schl, -sl und -sei). Die slawische Besiedelung drang nicht sehr weit in den Norden vor; einerseits war es die Unwirtlichkeit des Klimas in höheren Lagen, andererseits die Unzulänglichkeit der Werkzeuge, die sie verwendeten. Die Rodung des sogenannten „Nordwaldes“ blieb bajuwa- rischen und fränkischen Kolonisten Vorbehalten, die allerdings an die bestehenden slawischen Siedlungen anknüpften.

Dass die Slawen noch im 8. Jhdt. in ihrer Mehrzahl Heiden waren, lässt die Gründung des Klosters Kremsmünster erkennen, das ja hauptsächlich zur Bekehrung der Slawen gegründet wurde (777). Den Slawen gelang es nicht, eine eigenständige dauerhafte Kultur aufzubauen. Sie dürften immer in der Minderheit gewesen sein und nahmen sehr bald Sitten und Gebräuche der deutschen Siedler an. Ihre Sprache erlosch im Hochmittelalter des 12. Jhdts. gänzlich. Um 700 verwüsteten die Awaren bei einem neuerlichen Feldzug den Donauraum bis über die Enns. Lorch wurde dabei völlig zerstört. Auch das Untere Mühlviertel gehörte (vorübergehend) zum Hoheitsbereich der Awaren.

Im 8. Jhdt. drängten die Bayern wieder stärker nach Osten. Es kam zu Zusammenstößen mit den Slawen und Awaren. Bayrische Grenzbauern wurden angesiedelt. Sie schützten in kleinen, erdburgartigen Anlagen die Grenzen gegen Osten. Viele Namen von Ortschaften weisen auf die Landnahme durch die Bayern hin. Die Bayern lebten in stammeseigenen Sippendörfern oder in weilerförmigen Ansiedlungen, lockeren Haufendörfern und Einzelgehöften. Zu den ältesten bayerischen Ortsnamen zählen die ING-Namen. Als echte ING- Namen gelten jene, die mit einem Personennamen zusammengesetzt sind (Besitzname). Im Unteren Mühlviertel sind dies Arbing, Deiming, Gassolding. Im 8. Jhdt. soll es diese Namensbildungen nicht mehr gegeben haben. Im Gemeindegebiet Naarn ist im Register der echten ING-Ortsnamen15 Starzing angeführt, während Staffling als „unechter“ ING-Name gilt - zu Recht, hieß es doch bei der ersten urkundlichen Erwähnung zunächst Staffelarn (OÖUB II, 86), bis Ende des 18. Jhdts. Stafflern16 und erst seit 1815 Staffling17.

Nach dem 9. Jhdt. sind die auf -HOFEN, -HAUSEN, -HEIM, -STÄTTEN, -WANG, -BACH, - KIRCHEN und -BERG lautenden Ortsnamen zu datieren, wobei mir Ruprechtshofen (erste urkundliche Nennung 1110), Neunhoven18 (erste Nennung 1335) und Neuhaym19 (erste Nennung ebf. 1335) als Naarner Ortschaften (Weiler) als besonders bemerkenswert erscheinen.

Am Ende des 8. Jhdts. besetzten die mächtigen Franken das Herzogtum Bayern. In den Ostprovinzen des schon zum Frankenreich unter KARL DEM GROSSEN aufgestiegenen Staatsgebildes wurden Grenzgrafen eingesetzt. Karl der Große (742 bis 814) zerschlug in einem Kriegszug die Awarenherrschaft. Neue Grenzmarken entstanden im Osten. Das Mühlviertel gehörte zur „Mark an der Donau“, die später auch „marchia orientalis“20 genannt wurde. Sie reichte von der Enns bis zum Wienerwald. Die Mark an der Donau gehörte innerhalb des Frankenreiches zum Herzogtum Bayern, das seit dem Sturz des Herzogs TASSILO III (Tassilokelch!) von Präfekten verwaltet wurde. Unter Tassilos III. Vater ODILO waren um 740 die wichtigsten bayrischen Bistümer Regensburg, Freising, Passau und Salzburg gegründet worden. Die Mark an der Donau unterstand kirchlich dem Bistum Passau, das wiederum dem Erzbistum Salzburg unterstellt war. Nach Ansicht 0. Tamerls war die oben erwähnte Gründung der Bistümer nicht Abschluss, sondern Beginn des Bekehrungswerkes. Vor 791, dem Jahr der Besiegung des Awarenreiches durch Karl den Großen, lag die Machlandsiedlung Naarn noch im Awarenreich und war von slawischen Weilern umgeben. „Wenn es ein bairischer Glaubensbote gewagt hätte, Enns und Donau zu übersetzen und im nördlichen Grenzland zu predigen, wäre er keine Stunde vor einem Pfeilschuss oder der Entführung in die Sklaverei sicher gewesen.“ (O. Tamerl) 

Erst nach 791 war die Voraussetzung für eine Konsolidierung und Missionierung der eroberten Mark an der Donau gegeben. Karl der Große, der auch im Innern seines Reiches durch Reformen (Heeresreform, Rechtssprechung, Burgenbau, etc.) Grundlagen einer gesellschaftlichen und herrschaftlichen Ordnung für das gesamte Mittelalter geschaffen hatte, starb Anfang 814 im Alter von 72 Jahren. Sein Sohn LUDWIG DER FROMME (813 bis 843) folgte ihm.

König Ludwig der Fromme ließ jene Urkunde vom 28. Juni 823 anfertigen, die auf den folgenden Seiten auszugsweise im lateinischen Originaltext und in der deutschen Übersetzung wiedergegeben ist. Darin werden dem Bistum Passau „gewisse, demselben von Karl dem Großen geschenkte Güter, welche aber durch die Markgrafen mittlerweile wieder abgekommen waren, zurückgegeben.“

Die Übersetzung der Urkunde von 823 ins Deutsche lautet so:

„Im Namen des Herrgotts und unseres Erlösers Jesus Christus: LUDWIG, durch die göttliche Vorsehung Erhabener Kaiser. So wir in keiner Weise die Bemühungen unserer Getreuen zu bezweifeln vermögen, gleichwie hat unser Herr und Vater liebevollsten Angedenkens, Kaiser KARL, das Hunnenreich nicht ohne große Kriegsanstrengungen seiner Macht unterworfen und die Menschen jenes Landes der Übung der christlichen Religion zugeführt - und zwar in der Weise, daß er auch in derselben Provinz viele Kirchen zur Verehrung Gottes sowohl erneuern als auch von den Grundfesten neu errichten ließ. Ferner hat der BISCHOF VON PASSAU auf Geheiß Gottes wegen der Verwüstung und Not von Mitleid bewegt, und mehr himmlischen als irdischen Gewinn erhoffend, gewisse Orte der genannten (passauischen) Kirche des heiligen Stephanus, des Erzmartyrers Christi, in welcher auch der heilige VALENTINUS leibhaftig ruht, wo damals der Ehrwürdige Bischof WALDARICH an der Spitze stand, wieder zurückgegeben - so da sind in der Provinz der Awaren eine gewisse Gegend, die An der Leitha benannt wird, und im Land der Hunnen Zeiselmauer, Traismauer, die Wachau, Bielach, Nardinum, Ried, Aschbach, Wolfsfang (an der Url), Erlauf, und in Ardagger und in Saxen je zwei Kirchen. Aber nachdem unser Herr und Vater Kaiser Karl seligen Gedenkens verstorben ist, haben die Markgrafen jener Provinz versucht, dieselben Orte vom Bistum zu entfremden und ihrer Herrschaft zu unterstellen. Als aber der Bischof REGINHART wirksam wurde, ließ dieser, um Zwietracht und Streit zu vermeiden, den Markgrafen GOTFRIED und die Richter jener Provinz persönlich zu uns kommen. Wir aber haben durch gerechtes Gesetz und den Urteilsspruch des ganzen Volkes gemäß der Überlieferung des vorgenannten Kaisers verfügt, daß die vorher erwähnten Orte zum erwähnten (Bischofs)-Sitz (Passau) zurückgelangen müssen ...

Gegeben im Jahre nach der Geburt des Herrn 823 am 28. Juni im zehnten Jahre des glücklich regierenden Herrn LUDWIG. Geschehen zu Frankfurt in Gottes Namen. Amen.“ Soweit der Wortlaut jener Urkunde aus dem Jahre 823, in der unser Heimatort erstmals genannt wird. Sie kann also mit Recht als die „Geburtsurkunde“ von Naarn bezeichnet werden.

Der zitierte Text ist dem Band II, Seite 8, Urk. V, des Oberösterreichischen Urkundenbuches entnommen. Da kein Original vorhanden ist, stützt sich das OÖ. Urkundenbuch auf sogenannte Kopialdrucke, die in verschiedenen älteren Urkundenbüchern22 enthalten sind. Neben Nardinum (Naarn) sind in der zitierten Urkunde weitere zwei Orte des Unteren Mühlviertels angeführt, u.zw. Reode (Ried in der Riedmark) und Saxina (Saxen) mit seinen „duas basilicas“23. Naarn wurde damals noch als ein Ort „im Land der Hunnen“ benannt. Gemeint sind die schon mehrfach erwähnten Awaren, die von der Bevölkerung - unseligen Angedenkens - manchmal noch als „Hunnen“ bezeichnet wurden.

Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass mit Naarn, Ried und Saxen die drei Ur- pfarren des Unteren Mühlviertels genannt sind. Die Urpfarre Naarn ist dem Hl. Michael geweiht, der als Patron der gesamten katholischen Kirche gilt und zu den ältesten Heiligen der Christenheit zählt. Von Naarn stammen unmittelbar oder mittelbar 21 Pfarren ab, darunter Münzbach, Altenburg, Pergkirchen, Arbing, Mitterkirchen, Perg, Schwertberg, Tragwein, Zell, Weitersfelden.

Die Kirche in Saxen ist dem Erzmärtyrer Stephanus geweiht. Auch Saxen wurde Ausgangspfarre für viele Ortschaften im östlichen Mühlviertel, so z.B. für Kreuzen, Grein, St. Nikola, Waldhausen, Dimbach, Pabneukir- chen, St. Georgen am Walde, Königswiesen, St. Thomas a. Bl., Pierbach u. a.

Die zweite in der Urkunde von 823 genannte „basilica“ dürfte in Hofkirchen gewesen sein. Diese Kirche war dem Schifffahrtspatron St. Nikolaus geweiht. Sie wurde 1784 unter Josef II. abgebrochen. Die Kirche in Ried ist dem fränkischen Heiligen Remigius geweiht, der auch Apostel der Franken genannt wurde. Ried wurde zur Ausgangspfarre für viele Orte in der Riedmark, wie Wartberg, Gutau, Lasberg, Katsdorf, St. Leonhard u.a.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass von den drei Urpfarren der Großteil der Pfarrorte des Unteren Mühlviertels abstammt. Die Verwaltung des Mühlviertels, das zur Zeit der Karolinger wie erwähnt zur Mark an der Donau gehörte, oblag den Grenzgrafen und ihren Leuten. Mit dem Grenzgrafen WILHELM ist die zweite wichtige Urkunde des 9. Jhdts. verbunden, die für die Naarner Heimatgeschichte von besonderer Bedeutung ist.

Am 18. Jänner 853 schenkte der oben genannte Grenzgraf Wilhelm dem Kloster St. Emmeram seine Gebiete zwischen den beiden Flüssen Aist und Naarn, „von der Stelle nämlich, wo sie selbst in die Donau fließen bis dorthin, wo sie aus Bächlein zu Flüssen werden, und so weiter in den Nordwald hinein zu dem Teil des Waldes ohne feste Grenze. Und zwar alles, was er hatte, mit Wohnhäusern und übrigen Gebäuden und Besitzungen, mit Wiesen, Weiden, Wäldern, Gewässern, Wasserläufen - bewegliches und unbewegliches Gut, bebautes und unbebautes Land, auch das von seiner Frau ENGILRAD, das er ihr für die Tage ihres Lebens zum Erbe gegeben hatte, daß dieses Land ebenfalls nach ihrem Tod an das Kloster St. Emmeram fallen solle. Obendrein hat er auch alles, was er bei Rosdorf besaß, mitsamt den Weingärten an der Donau, dem Kloster übergeben.“

Der Bischof von Regensburg, ERCHAM- FRIDUS, ließ sich die Schenkung von König LUDWIG II., dem Deutschen (843 bis 876) bestätigen, aber auch das Verfügungsrecht über alle Menschen, die diese Gebiete bewohnten. Das waren Bayern, Slawen, Freie und Leibeigene. Über diese dürfe niemand anderer Recht sprechen oder sie zum Verlassen ihrer Wohnstätten nötigen.

Es ist also festzuhalten, dass neben Passau (s. Urkunde von 823!) durch die gegenständliche Schenkung von 853 „zwischen Aist und Naarn“ (inter agastam et nardinam) auch das Kloster St. Emmeram in Regensburg zu Besitz gekommen ist. Es dürfte der größte Teil dieses Landes gewesen sein und jahrhundertelang wurde dieser der „Regensburger Luß“ genannt.

Die Urkunde von 853 (18. Juni) ist im OÖ. Urkundenbuch (Bd. II, S. 16, Nr. XII) im lateinischen Original abgedruckt. Die umseitige Abbildung (Abtei St. Emmeram in Regensburg) ist dem Buch „Der Markt Schwertberg und die Burg Windegg“ von Kons. Leopold Mayböck (S. 55) entnommen.

Da der Abt von St. Emmeram auch gleichzeitig Bischof der Diözese Regensburg war, galt die Schenkung von 853 de facto der Diözese Regensburg. Die Abtei24 wurde bald das mächtigste Kloster in der damals bayerischen Hauptstadt Regensburg.

Herrschaftlicher Mittelpunkt des Landes zwischen Aist und Naarn war schon zur Zeit des Grenzgrafen Wilhelm der Königshof (die „Villa“) zu Aisthofen. Es handelte sich hiebei um eine frühmittelalterliche Grundherrschaft.

Schon in der Karolingerzeit gab es im oberösterreichischen Donauraum bedeutende Ansiedlungen und Handelsplätze. Im Machland waren dies die Umschlagplätze von Staffling, Hütting und Au, das Regensburg als Donauhafen benützte. Neben den großen Kirchorten Naarn, Ried und Saxen gab es noch Arbing und eine Reihe von kleinen Ortschaften, Weilern und Einzelgehöften.

Ende des 9. Jhdts. tauchten die ersten Reitertrupps der Ungarn an der Ostgrenze des Ostfränkischen Reiches auf. Die Ungarn, deren Gefährlichkeit anfangs fatal unterschätzt wurde, waren aus Westsibirien über den Ural zu den Steppen an Don und Dnjepr und weiter in den Karpatenraum vorgedrungen. Nachdem sie schon 894 in die bayrische Grenzmark Pannonien eingebrochen und diese verwüstet hatten, drangen sie um 900 unter ihrem Anführer ARPAD über die Enns vor und zerstörten einen großen Teil des Landes, nachdem sie vorher die Mark an der Donau heimgesucht hatten.

Dem Markgrafen LIUTPOLD von Kärnten gelang es damals zusammen mit Bischof RICHAR VON PASSAU, die Ungarn abzudrängen. Unterhalb von Linz soll er einen Teil des Ungarnheeres in der Machlandebene auf dem linken Donauufer aufgerieben haben, wobei viele Ungarn in der Donau ertranken. Der Ort des Kampfes wird in den Annalen zwar nicht genannt, doch geht aus manchen Umständen mit großer Wahrscheinlichkeit hervor, dass die Schlacht in der Ebene zwischen Naarn und Mauthausen (Breitwiesen?!) stattgefunden hat.

Als Reaktion auf diesen Ungarn-Einfall ließen Liutpold, Richar und der Grenzgraf ARIBO auf der Höhe des heutigen Ennser Stadtberges die „Anesaburch“ oder „Enisipurch“ errichten. Auch die „Pipurc“ und die „Stirapurhc“ an der Steyr wurden um diese Zeit zur Sicherung des Reiches errichtet.

Unweit von Enns, in Raffelstetten, wurde im Jahre 906 ein für die Mark an der Donau wichtiges Dokument beschlossen, das für die Geschichte unseres Landes besonders wirtschaftliche Bedeutung hatte: Die Raffel- stettner Zollordnung. Durch diese wurden die Zölle neu festgesetzt. Bis in die Babenbergerzeit bildeten drei Zollorte das Grundgerüst des landesfürstlichen Zollwesens im Donauverkehr, u.zw. Rossdorf30, Ebersburch und Mautern an der Donau.

Besonders die Handelswege durch das Mühlviertel waren von Bedeutung, darunter jener Altweg, der von den Donauladstätten zu Staffling, Hütting und Au nach Norden führte. Wesentlichstes Handelsgut war das Salz, das von Passau donauabwärts und aus dem Salzkammergut auf der Traun verschifft und u.a. zu den erwähnten Ladstätten weiterbefördert wurde.

Der alte Sumpfpfad nahm in Staffling an der Donau seinen Anfang und ging am Weiler Straß vorbei nach Perg. Nun verlief er zunächst ein Stück entlang der Lebinger Straße bei den späteren Mühlsteinbrüchen vorbei zu den beiden Sandweger Häusern (Richtig: Saumweger H.). Von den „Saumweghäusern“ bog der Weg etwas nach Osten aus. Unterhalb des „Wirt zu Lebing“ ist ein alter Hohlweg noch gut erkennbar. Dann führte der Pfad in Richtung Tragwein, weiters zur Waldaist und nach Gutau Richtung Böhmen.

Indes ging der Abwehrkampf gegen die Ungarn unvermindert und mit wechselndem Erfolg weiter. Insgesamt 33 Einfälle waren in den Jahren 894 bis 955 zu verzeichnen. Erst im Jahre 955 wurden die Ungarn in der historischen Schlacht auf dem Lechfelde32 von König OTTO I. DEM GROSSEN (912 bis 973) vernichtend geschlagen. Damit war die Ungarngefahr endgültig gebannt.

Nun konnte mit dem Wiederaufbau der Ostmarken begonnen werden. Neue Siedler - Bayern, Schwaben, Franken, Sachsen und Rheinländer - strömten von Westen her in die zum Teil verwaisten Ostgebiete. Der Prozess der Einwanderung und Auffüllung der Altsiedelgebiete in der Mark an der Donau dürfte um die Jahrtausendwende zum Abschluss gekommen sein.

Mit dem Markgrafen Liutpold I. (ab 976) begann die 270-jährige Geschichte der Babenberger als Markgrafen und spätere Herzoge von Österreich. Liutpolds I. Markgrafschaft an der Donau, bald „Ostarrichi“ genannt33, war nicht sehr groß und reichte von der Ennsmündung bis zur Kleinen Tulln - nördlich der Donau nur in einem schmalen Landstreifen mit Teilen der Wachau bis Dürnstein und Krems, südlich der Donau bis in die Gegend von Waidhofen an der Ybbs, nach Osten bis Wilhelmsburg und zu den Ausläufern des Wienerwaldes.

Es war aber kein geschlossener Besitz des Markgrafen, denn auch andere Grafen, hochedle Familien und bayrische Klöster besaßen Eigentum in diesem Gebiet. Über die so genannten Grundherrschaften im Allgemeinen, insbesondere aber im Bereich der heutigen Gemeinde Naarn im Machlande, soll im Kapitel III, 3 (Die Grundherrschaften) ausführlicher berichtet werden.

 Text: Alois Öhlinger aus dem Buch "Naarn im Machlande" 2002Seite 33-52. Quellenangabe

Wussten Sie, dass die Fassade des Gemeindeamtes eines der 9 denkmalgeschützten Objekte in Naarn ist?

Heimathaus

Schifferkapelle St. Nikolaus

Bildstock Baumgarten

Hügelgräberfeld Starzinger Holz

Wallfahrtskirche, Kath. Filialkirche Mariä Krönung

Gemeindeamt 1948/49 im historisierenden Stil erbaut

Hausberg "Harter Schlössel"

Kath. Pfarrkirche Hl. Michael

Aufbahrungshalle, Karner

 

Liste und Infos: Wikipedia

Wussten Sie, dass das die Gemeinde Naarn 1938 durch die Zusammenlegung von 4 Katastralgemeinden entstand?

Die Katastralgemeinden waren: Au mit den Ortschaften Aist, Au, Oberwagram und Sebern.

Die Katastralgemeinde Baumgarten, bestehend aus den Ortschaften Baumgarten, Holzleiten, Neuhof und Schönau, der Katastralgemeinde Naarn mit den Ortschaften Dirnwagram, Laab, Naarn, Pratztrum und Wimm sowie die Katastralgemeinde <wbr />Ruprechtshofen.

Text: Wikipedia

 

 
 

"Fauna und Flora müssen auch von Dir geschützt werden."

Österreichische Wasserschutzwacht